Deutliche Worte der Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang: Die Politikerin will die Debatte über die benötigte Zahl neuer Behördenstellen im Streit um die geplante Kindergrundsicherung endlich beenden.
Zuvor hatte auch schon Familienministerin Lisa Paus (Grüne) in dem Bereich erstmals Einsparpotenziale benannt. Auf diese bezog sich Lang offenbar und legte sich dann fest: „Damit ist klar, es wird keine 5000 neuen Stellen geben. Und so gibt es auch keinen Grund, dass die Debatte sich weiter an dieser Zahl aufhängt“, sagte sie am Sonntagabend im ARD-„Bericht aus Berlin“.
Ihre Parteifreundin Paus habe damit gezeigt, dass sie Kompromisse suchen könne. In den vergangenen Tagen hatte es bei den Koalitionspartnern FDP und SPD teils heftige Kritik an dem Mammutprojekt gegeben, für das die Ministerin offenbar umfangreich neues Personal einstellen wollte.
FDP freut sich über Digitalisierungsvorstoß der Grünen
Die Frage, wie die benötigte Stellenzahl reduziert werden könne und wie die bestmöglichen Strukturen geschaffen werden könnten, gehöre nun ins parlamentarische Verfahren. „Und ich erwarte, dass da jetzt alle mal wieder ins Tun kommen“, sagte Lang.
Mit Blick auf die FDP, die den Gesetzentwurf nicht für zustimmungsfähig hält, sagte sie: „Wer jetzt einen neuen Gesetzesentwurf fordert, da kommt doch der Eindruck auf, dass es eher darum geht, die Kindergrundsicherung zu blockieren.“ Die Liberalen versicherten derweil, dass sie den Sinneswandel der Bundesfamilienministerin begrüßen. „Ich freue mich, wenn wir jetzt mehr Tempo aufnehmen und vorankommen“, sagte FDP-Parteivize Johannes Vogel am Montag in der Sendung „Frühstart“ von RTL und ntv.
Vogel sagte weiter, er nehme zur Kenntnis, dass Ministerin Lisa Paus nun über Ziele spreche, nachdem sie sich zuvor „immer wieder mit der Forderung nach Stellen oder Milliarden zu Wort gemeldet“ habe. Das Ziel sei nicht, „den Sozialstaat fetter zu machen, sondern wir müssen ihn ja fitter machen“.
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende fügte hinzu: „Moderner, digitaler, das finde ich gut.“ Nun werde aber noch ein Gesetzentwurf gebraucht, „der diesen Zielen auch entspricht“, so Vogel. „Und so lösungsorientiert muss diese Beratung jetzt angegangen werden.“ Das sei in den vergangenen Monaten nicht immer der Fall gewesen.
Paus hatte am Samstag erstmals Verständnis für die Diskussion über die Stellenzahl geäußert und der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Ich bin mir sicher, dass unter anderem durch Synergieeffekte und konsequente Digitalisierung die Gesamtzahl der Stellen noch reduziert werden kann.“ Zuletzt hatte sie die Kindergrundsicherung verstärkt als Projekt der Verwaltungsmodernisierung beworben.
„Wir haben in der Koalition ja gemeinsam – Christian Lindner auch Hubertus Heil und ich – das Gesetz auf den Weg gebracht“, sagte die Grünen-Politikerin am Sonntagabend im ZDF-„Heute Journal“. „Das ist nicht immer ganz einfach, aber uns eint, dass wir eben genau das wollen: Wir wollen diese Verwaltung endlich modern machen, wir wollen sie digitalisieren.“
Es solle keine neue Behörde geben, sondern: „Wir ertüchtigen die Familienkasse“, sagte Paus. „Wir ermöglichen durch Digitalisierung, dass Familien aktiv angesprochen werden, wenn sie eben Anspruch haben auf zusätzliche Leistungen.“ Hintergrund ist, dass viele Familien die ihnen zustehenden Sozialleistungen womöglich wegen komplizierter bürokratischer Antragsverfahren nicht in Anspruch nehmen. „Und deswegen bin ich auch zuversichtlich, dass wir die Diskussion, die wir jetzt seit mehreren Wochen und Monaten führen, dass wir sie jetzt auch ins Tun bringen und dazu kommen, das Gesetz endzuberaten“, sagte Paus.
Der Kindergrundsicherung ist vom Kabinett beschlossen und befindet sich im parlamentarischen Beratungsprozess. Mit ihr sollen bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder und der Kinderzuschlag gebündelt werden. Sie gilt als das sozialpolitische Prestigeprojekt der Grünen.