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Meinung Zwei Jahre Krieg

Wenn Putin siegt, wird die Demokratie zum Auslaufmodell

Josep Borrell und Dmytro Kuleba appellieren an ihre Verbündeten Josep Borrell und Dmytro Kuleba appellieren an ihre Verbündeten
Josep Borrell und Dmytro Kuleba appellieren an ihre Verbündeten in der westlichen Welt
Quelle: Getty Images/Thierry Monasse; Eduard Kryzhanivskyi/Ministry of Foreign Affairs of Ukraine/Global Images Ukraine/Getty Images
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Die Unterstützung der Ukraine ist nicht „pro-westlich“. Sondern eine Frage davon, ob das Recht des Stärkeren gilt – oder nicht. Die freie Welt muss noch entschlossener gegen Putins Invasionswahn vorgehen, fordern der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba und EU-Spitzendiplomat Josep Borrell.

Der 24. Februar 2022, der Tag, an dem Russland mit Hunderttausenden Soldaten in die Ukraine einmarschierte, markierte den Beginn eines geopolitischen Erdbebens. Seit nunmehr zwei Jahren erleben wir Europäer den größten Angriffskrieg auf unserem Kontinent seit dem Zweiten Weltkrieg, begleitet von entsetzlichen Gräueltaten.

Was Russland tut, ist klassische imperiale und koloniale Aggression im Stil des 19. Jahrhunderts. Die Ukraine erleidet, was viele andere Länder in der Vergangenheit auf grausame Weise erlitten haben. Es ging dabei nie, wie von Russland behauptet, um die Neutralität der Ukraine, die Nato-Erweiterung, den Schutz der russischsprachigen Bevölkerung oder andere Vorwände.

Bei diesem Krieg geht es einzig und allein darum, ein unabhängiges Land zu vernichten, Land zu erobern und die Vorherrschaft über ein Volk wiederzuerlangen, das beschlossen hat, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Präsident Putin hat wiederholt erklärt, dass in seinen Augen die Ukraine als Nation nicht existiere und die ukrainische Identität erfunden sei. Diese imperialen Anmaßungen wecken bei vielen Nationen auf der ganzen Welt, die früher unter Kolonialherrschaft und Unterdrückung litten, schmerzhafte Erinnerungen.

Die Schockwellen der russischen Aggression sind weit über Europa hinaus zu spüren. Der Krieg wirkt sich negativ auf die globale Lebensmittelsicherheit und die Energiepreise aus, und geht mit massiven Desinformations- und Destabilisierungskampagnen einher.

In Afrika setzte Russland die Wagner-Gruppe ein, destabilisierte Länder durch die Unterstützung von Putschen und durch die Androhung von Hunger. Putin bot afrikanischen Ländern Getreide an, obwohl er das Angebot davor selbst verknappt hatte, indem er systematisch Getreidefelder in der Ukraine niederbrennen ließ, Getreidelager ins Visier nahm und wichtige Exportrouten blockierte.

Der Krieg und seine Folgen gehen uns alle an. Sollte Russland erfolgreich sein, wäre dies ein gefährliches Signal, dass nun das Recht des Stärkeren gilt. Es würde Autokraten weltweit ermutigen, Russlands Beispiel zu folgen. Wenn sich Aggression letztlich auszahlt, warum sollten dann nicht alle, die territoriale Ansprüche gegenüber ihren Nachbarn erheben, diese auch durchsetzen? Es ist daher auch im Interesse vieler asiatischer, afrikanischer und lateinamerikanischer Länder, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt.

Es geht in diesem Krieg nicht, wie von Russland dargestellt, um „den Westen gegen den Rest“. Die Unterstützung der Ukraine ist nicht „pro-westlich“. Es geht darum, Krieg und Terror abzulehnen. Es geht darum, für eine Weltordnung auf Grundlage gegenseitigen Respekts einzutreten und für das Recht der Ukrainer, in Freiheit und Sicherheit zu leben.

Die Auffassung der Ukraine und der Europäischen Union, wie internationale Beziehungen im 21. Jahrhundert strukturiert sein sollten, steht jener Russlands diametral entgegen. Unsere Vision basiert auf internationalem Recht, Respekt und Kooperation, anstelle von Zwang, Bestechung und Einschüchterung.

Globale Mehrheit gegen Putin

Niemand hat ein größeres Interesse daran, diesen Krieg so rasch wie möglich zu beenden, als wir. Aus diesem Grund hat die Ukraine einen Zehn-Punkte-Friedensplan vorgeschlagen – einen Plan, den die EU uneingeschränkt unterstützt. Er sieht nicht nur das Ende der Feindseligkeiten vor, sondern beinhaltet auch Vorschläge zur Stärkung der Ernährungs- und Energiesicherheit, der nuklearen Sicherheit, des Umweltschutzes, der internationalen Justiz, der Menschenrechte und der Achtung der UN-Verträge.

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Dieser Plan ist der einzige ernsthafte Friedensvorschlag auf dem Tisch, und wir rufen alle Länder, die sich dem Frieden verpflichtet fühlen, dazu auf, uns bei der Umsetzung zu unterstützen. Die Ukraine organisiert derzeit einen Weltfriedensgipfel in der Schweiz, und die EU unterstützt diesen Prozess aktiv. Führende Politiker aus der ganzen Welt werden auf eine gemeinsame Vision für einen gerechten Frieden in der Ukraine, basierend auf den anerkannten Prinzipien der Vereinten Nationen, hinarbeiten.

Es ist das Ziel, Russland mit einer konsolidierten Position, die die globale Mehrheit repräsentiert, zu begegnen, und Putin keine Wahl zu lassen, als sich auf dieser Grundlage zu engagieren.

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Während der Krieg in sein drittes Jahr geht, ist unsere Botschaft ein Aufruf, angesichts von Aggression und Terror durchzuhalten. Wir dürfen nicht zulassen, dass militärische Aggression belohnt wird. Der einzige Weg, einen gerechten Frieden zu erreichen, besteht darin, die Unterstützung für die Ukraine zu erhöhen. Die EU hat genau das in den letzten Monaten getan, und sie wird ihre Hilfe im Jahr 2024 weiter aufstocken.

Unser gemeinsames Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Ukraine eine Wende zu ihren Gunsten vollziehen und schnellstmöglich einen fairen Frieden herbeiführen kann. Es liegt im Interesse aller, dass internationales Recht aufrechterhalten wird und dass Zusammenarbeit höchste Priorität hat. Es darf keine Rückkehr zur dunklen Vergangenheit von militärischer Aggression, Imperialismus und Kolonialismus geben – weder in Europa noch in irgendeiner anderen Region.

Dmytro Kuleba ist Minister für auswärtige Angelegenheiten der Ukraine. Josep Borrell ist Hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der Europäischen Kommission.

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